Weser Kurier

Bis die Anzeigetafel streikt

Bornreihe zerlegt Ottersberg im ersten Landesliga-Spiel mit 10:1 in seine Einzelteile

So etwas hat es beim SV Blau-Weiß Bornreihe in einem Punktspiel auch noch nicht gegeben: Als Dennis Heineke in der 76. Minute den letzten Treffer des Tages erzielte, da machte die Anzeigentafel nicht mehr mit. Einfacher Grund: Für zweistellige Ergebnisse ist die Vorrichtung am Sprecherturm nun mal einfach nicht vorgesehen. Und so prangte am Ende eines unterhaltsamen Spätnachmittages ein 9:1 dort, wo eigentlich 10:1 hätte stehen müssen. Um es noch mal zu verdeutlichen: Mit 10:1 (5:1) haben die „Moorteufel“ den TSV Ottersberg im ersten Punktspiel der Fußball-Landesliga Lüneburg vom Platz gejagt.

„Wir haben das besonders in der ersten Halbzeit richtig stark gemacht und dann auch über 90 Minuten konsequent zu Ende gespielt“, freute sich Co-Trainer Max Klimmek über den perfekten Start. Die Spieler der neuformierten Ottersberger Mannschaft schlichen hingegen wie geprügelte Hunde vom Platz. Direkt nach dem Abpfiff versammelte Trainer Torsten Just seine Mannen und redete Tacheles. „Dass wir einen Fehler machen, ist ja ok. Aber diesen Fehler dann immer und immer wieder zu wiederholen, ist schon unfassbar.“

Lediglich 20 Minuten war es ein halbwegs ausgeglichenes Spiel. Rechtsverteidiger Sascha Willen, der ein großes Laufpensum abspulte, eröffnete aber bereits in der sechsten Minute den Torreigen nach Vorarbeit von Torben Poppe. Bornreihe hatte von Beginn an das Heft in der Hand – dennoch gelang Ottersberg mit der ersten Chance der Ausgleich. Last-Minute-Neuzugang Mazan Moslehe, am gestrigen Tag einziger TSV-Akteur mit Landesliganiveau, zog in Ermangelung sinnvoller Anspielstationen aus 25 Meter ab – und traf.

Doch das beeindruckte die Platzherren herzlich wenig. Immer wieder versuchten die „Moorteufel“, mit Jascha Stern und Jan Wohltmann ihre schnellen Außenleute in Position zu bringen. Das gelang nun mehr und mehr. Das 2:1 erzielte aber erneut ein Außenverteidiger, diesmal Steffen Dietrich. Er nahm einen klasse Pass von Nils Gresens auf und schob überlegt ein. Nach einem unfassbaren Missverständnis zwischen Patrick Küsel und dem völlig überforderten Keysedin Kurnaz nahm Jascha Stern den Ball auf und spielte Christian Leopold frei. Der wurde von TSV-Torhüter Felix Mindermann zu Fall gebracht – Christoph Müller erhöhte per Strafstoß auf 3:1.

Nun brachen bei den Gästen alle Dämme. Mit einem Doppelschlag binnen 60 Sekunden sorgten Torben Poppe und Christian Leopold bereits vor der Halbzeitpause für die Entscheidung. Beide Male hatte der bärenstarke Jan Wohltmann die Tore eingeleitet. Zehn Minuten nach Wiederanpfiff ging es dann weiter mit dem munteren Scheibenschießen. Der kurz zuvor eingewechselte Dennis Heineke vollendete einen weiteren herrlichen Spielzug über Stern und Willen.

Beim 7:1 zeigte dann Philip Bähr, der neben Gresens auf der Sechser-Position nahezu fehlerfrei agierte, aus kurzer Distanz, welch Gefühl er in seinem Fuß hat. Das 8:1 und 9:1 erzielten mit Lennard Uhlhorn und Jorit Bierwald dann erneut zwei Akteure, die kurz zuvor eingewechselt worden waren. Bierwald stand in der 76. Minute sogar erst zehn Sekunden auf dem Feld. Den Schlusspunkt setzte dann wie gesagt Dennis Heineke. Das Bizarre: Die Blau-Weißen hätten bei weiteren klaren Chancen sogar noch locker vier bis fünf Tore nachlegen können.

So endete ein denkwürdiger Fußball-Nachmittag mit lautem Applaus für das Heimteam und vielen Fragezeichen auf Seiten der Gäste. „Einige sind hier längst noch nicht so weit, wie sie vielleicht geglaubt haben“, sagte ein restlos bedienter Torsten Just. Auf der anderen Seite klatschten sich die Bornreiher immer und immer wieder ab und freuten sich nach Spielschluss über die erste Tabellenführung der neuen Landesliga-Saison – bei einem 10:1 kein Wunder.

Quelle: Weser Kurier vom 10.8.2015; Tobias Dohr